Bereits seit dem vergangenen Schuljahr 2021/22 werden zwei Grundstufenklassen der OPS im Gebäude der Liliensternschule (Grundschule) in Donsbach beschult.
Lesen Sie hier zwei kurzweilige Erfahrungsberichte über die Eindrücke des ersten Jahres der „Auslagerung“. Demnächst folgen noch einige Bilder…
Zunächst für die derzeitige Klasse G 4 der Bericht von Angelika Paul:
Unser erstes Jahr in Kooperation mit der Liliensternschule in Donsbach
Ein bisschen aus der Not heraus geboren, mit einigen schlaflosen Nächten begleitet und eigentlich schon lange in unseren Köpfen, entstand das Projekt mit zwei Kooperationsklassen der Otfried-Preußler-Schule / Liliensternschule.
Wie alles begann…
Einzelne unserer Schülerinnen und Schüler haben schon einige Male andere Schulen und Schulformen besucht und dort zeitweise am Unterricht teilgenommen. Verschiedene Projekte mit anderen Schulen wurden umgesetzt und Klassenfahrten gemeinsam durchgeführt. Auch das Auslagern wegen Platzmangels bzw. Umbauarbeiten ist uns nicht neu. Und doch sollte es diesmal anders sein.
Etwa im April 2021 stand fest, dass die Otfried-Preußler-Schule im neuen Schuljahr viele neue Schülerinnen und Schüler aufnehmen würde, aber die räumlichen Kapazitäten schon damals erschöpft waren. Wohin mit all den Klassen und deren Kindern? Container auf den Schulhof stellen? Oder besser auslagern in ein anderes Gebäude? Wer hat Platz und nimmt uns auf?
Irgendwann kam die Idee auf, dass eine Klasse einem Schüler folgen könnte, und zwar nach Donsbach an die Liliensternschule. Hier besuchte dieser Schüler aus dem zweiten Schulbesuchsjahr der Otfried-Preußler-Schule seit ein paar Monaten teilweise den Unterricht des ersten Schuljahres.
Was mit einem Schüler gut klappt, kann doch auch mit einer ganzen Klasse funktionieren – oder?
Einige Zweifel schwirrten durch unsere Köpfe. Wie kommen wir da hin? Geht das auch mit Rollstuhl? Sind die sanitären Einrichtungen vorhanden? Sind die Klassenräume für unsere Schülerinnen und Schüler geeignet? Welche Gefahren müssen wir bedenken? Und sind wir dort überhaupt willkommen?
Letzteres war schon nach dem ersten Besuch klar – wir waren und sind willkommen und wurden von allen Schülerinnen und Schülern sowie dem Kollegium sehr herzlich aufgenommen. Vielen lieben Dank dafür!
Nun ging es an die Planung, und es zeigte sich sehr schnell, dass es so einfach dann doch nicht ist, eine Klasse von einer Förderschule in eine Grundschule umzusiedeln. So wurden Rampen gebaut oder erweitert, Decken abgehängt, Stromanschlüsse neu verlegt, Möbel angeschafft, zwei Abstellräume in Wickelraum und barrierefreie Toilette umgebaut und vieles mehr. Ein Teil des Schulhofes wurde eingezäunt, das Außengelände für eine Umgestaltung geplant und vor allem viele Telefonate geführt. Nicht zuletzt wurde heftig gebangt, ob unter Pandemiebedingungen alles bis zum Schulbeginn fertig werden würde.
Mit großen und kleinen Bedenken startete dann das neue Schuljahr 2021/2022 und zwei Klassen der OPS feierten den ersten Schultag in Donsbach in der Liliensternschule:
Auch wenn noch nicht alles fertig war, so konnten wir mit einer guten Grundausstattung starten. Die ersten Wochen verliefen gut und chaotisch. Denn auch wenn man noch so vieles plant, manches zeigt sich erst im Betrieb. Zum Beispiel, dass die Spülmaschine zu lange brauchte und wir es nicht schafften, mal so nebenbei die Küche nach dem Mittagessen schnell fertig zu machen. Und wann war nochmal die Pause hier in der Grundschule? Viele von uns waren seit Jahren an die zeitlichen Strukturen aus Dillenburg gewöhnt. Da fiel es ganz schön schwer, sich umzustellen.
Die ersten Wochen waren für uns damit gefüllt, uns zu orientieren, zu organisieren und einzugewöhnen. Und das alles noch mit den Einschränkungen der Pandemie. Aber eines fiel auf: Unsere Schülerinnen und Schüler hatten keine Probleme mit dem neuen Standort. Wir waren alle zusammen, bloß an einem anderen Ort – also los ging’s!
Nach den Herbstferien wagten wir uns an die erste gemeinsame Kooperationsstunde mit der zweiten Klasse. Wir trafen uns im Schulgarten und erforschten diesen gemeinsam. Noch waren alle recht zurückhaltend, doch ein paar wenige Mädchen hatten keine Hemmungen und schnell war das Eis gebrochen. Als Highlight des Tages fanden wir ein paar Schneckeneier und so wurde die Schnecke dann auch unser erstes gemeinsames Thema.
Nun trafen wir uns die ersten Wochen gemeinsam im Schulgarten, um diesen zu erforschen und um etwas über die Schnecke zu erfahren. Auch eine Pause am Tag machten wir gemeinsame und die meisten unserer Schülerinnen und Schüler fühlten sich schnell wohl in der neuen Gemeinschaft. Es kam noch das Fach Musik hinzu, und so hatten wir zweimal die Woche gemeinsam eine Stunde Unterricht und täglich eine gemeinsame Pause. Leider machte uns Corona immer mal wieder einen Strich durch die Rechnung. In den Wintermonaten durften wir unsere Kooperation nicht so durchführen, wie wir wollten. Über einen längeren Zeitraum war keine gemeinsame Pause möglich, gleiches galt für gemeinsamen Unterricht.
Im Frühling wurde die Situation besser und wir starteten unsere Projekte wieder. Nun kam auch Sport hinzu. Einmal wöchentlich hatten wir nun gemeinsam Sachunterricht und bearbeiteten Themen wie „Der Igel“, „Die Schnecke“, „Tiere auf dem Bauernhof“ „Alles rund ums Pferd“. Im wöchentlichen Sportunterricht spielten wir Spiele und tobten uns in Bewegungslandschaften aus. Auch die Pausen durften wir wieder gemeinsam verbringen. Unsere Schülerinnen und Schüler wurden von den Donsbacher Kindern freudig begrüßt, oft mit ins Spiel einbezogen und bei der Ausleihe der Pausenspielsachen besonders bedacht. Das Schieben der Rollstühle wurde eine Bereicherung für alle Kinder.
Die Nähe zum Tierpark wurde als ein positives Argument für den Standort Donsbach angepriesen. Für Schülerinnen und Schüler mit körperlichen Einschränkungen ist der Weg von der Schule dorthin allerdings fast eine Tagesreise. Daher waren wir bisher nur wenige Male dort oben. Aber die Nähe zur Natur tut einfach gut. Allein der Blick aus dem Klassenzimmer in ein grünes Blättermeer ist eine Wohltat.
Wir erlebten viele schöne gemeinsame Momente: im Unterricht, bei einem Ausflug in den Tierpark, zu den Pferden von Nele, zum Hof Dressel. Besonders hervorzuheben sind auch die Momente, wenn der Donsbacher Hausmeister Matthias Metz in die Klasse kam, mit den Kindern seine Späßchen machte, unsere Sachen reparierte und die Kinder auf dem Rasenmäher-Traktor sitzen durften.
Wir fühlten uns richtig wohl in Donsbach, doch eine Sache vermissten wir hier sehr – unseren wöchentlichen Kioskeinkauf in Dillenburg. So veranstalteten wir kurzerhand einen Kioskverkauf hier in Donsbach. Wie in Dillenburg gaben wir 4 Sachen zur Auswahl, schrieben Bestellzettel und verteilten diese an alle 4 Klassen. Was wir zu sagen vergaßen, war die Einschränkung, dass jede/jeder sich eigentlich nur eine Sache bestellen durfte. Schon bei der Rückgabe der Bestellzettel war klar, dass dies eine große Aufgabe für uns werden würde. Denn die meisten Schülerinnen und Schüler bestellten sich nicht nur eine Brezel und Zimtschnecke, sondern auch einen Punsch dazu. Viele bestellten sogar alles zusammen, und das in mehrfacher Ausführung. So durften wir an dem ersten Kioskverkauf mehrere Liter Punsch, an die 80 Zimtschnecken, mindestens genauso viele Brezeln und drei Beutel Mandarinen verkaufen. Auch wenn wir es nicht wöchentlich schaffen, einen Kiosk auf die Beine zu stellen (vor allem bei solchen Mengen😉), wollen wir dies unbedingt wiederholen.
Auch der Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen fehlte uns ein wenig. Umso schöner war es, wenn wir einmal wöchentlich zum Schwimmen in Dillenburg waren und von allen freudig begrüßt wurden.
Nun ist das erste Jahr in Donsbach zu Ende und wir sind hier heimisch geworden. Vor allem die Zeit mit unserer Kooperationsklasse ist für uns sehr bereichernd. Unsere Schülerinnen und Schüler gehören einfach dazu. Unsere anfänglichen Bedenken von Ausgrenzung und Nichtakzeptanz haben sich in Luft aufgelöst.
Wir danken allen für die gute Zusammenarbeit und freuen uns nun auf das nächste gemeinsame Schuljahr in Donsbach.
Hier nun der zweite Bericht aus der jetzigen Klasse G 3b von Holger Strackbein:
Die Idee des Umzugs unserer damaligen G 1b an die Grundschule in Donsbach ließ unser Team im zweiten Halbjahr 2020/21 gedanklich rasch aktiv werden. Irgendwie hatten wir ja schon öfter darüber gesprochen, dass wir uns mit unseren Schülern eigentlich am liebsten direkt neben einer Grundschule sehen würden. Die uns anvertrauten Kinder sollten eigentlich nicht am äußersten Stadtrand zur Schule gehen, mit maximalem Abstand zu anderen Bildungseinrichtungen und zum „echten“ Leben in der Stadt, so schön wie die Nähe zum Wald auch oftmals ist. Natürliche Kontakte mit Grundschulkindern wären eben da möglich, wo man in etwa zur selben Zeit ankommt, gemeinsam die Pausen verbringt und vielleicht auch gemeinsame Aktionen in Teilen der Unterrichtszeit gemeinsam durchführen kann. Dann würde man sehen, wohin sich eine solche Nähe entwickeln würde…
Nun kam die Chance, wenn schon nicht in die Stadt, aber immerhin nach Donsbach unmittelbar in die dortige Grundschule umziehen zu können. Da dort ein Raum im Obergeschoss zur Verfügung stand, bot sich unsere Klasse regelrecht an, da keines unserer Kinder auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Ein erster Besuch mit unseren Kindern vor Ort offenbarte: Die Schüler der damaligen Grundschulklasse 2, mit denen wir Zeit verbrachten, gingen mit viel Neugierde und Offenheit auf unsere Kinder zu. Auch die Kolleginnen, mit denen wir sprechen konnten, begegneten uns überaus zugewandt und freuten sich auf die bevorstehende gemeinsame Zeit. Erste Bedenken, wie man uns dort wohl empfangen würde, konnten somit direkt mal zerstreut werden.
Unser zukünftiger Raum hinterließ erst einmal zwiespältige Gefühle. Natürlich war er anders, als wir es von Dillenburg her gewohnt waren (kein Nebenraum mit Küche, kein direkter Zugang zum Außengelände etc.), eben ein normaler Klassenraum an einer Grundschule. Andererseits war er stattliche 60 m2 groß und durch zwei große Fensterfronten schön hell. Wir erhielten die Zusicherung, dass einige bauliche Veränderungen für uns durchgeführt werden würden, um den Raum für uns passend gestalten zu können. Und tatsächlich wurde ein neuer Boden verlegt, die Decke abgehängt, die Wände gestrichen, eine neue Tafel montiert, eine Küchenzeile sowie neue Fenster eingebaut etc., ganz zu schweigen von einer kompletten Sanierung der Toiletten und der Schaffung eines Wickelraums sowie einer Toilette mit Duschbereich im Erdgeschoss.
Dafür ein herzliches Dankeschön an Frau Weber von der Bauabteilung Schulen des Lahn-Dill-Kreises, die, vertreten durch Frau Oestreich und Frau Kozina, mit großem Einsatz viele Verbesserungen für uns in sehr kurzer Zeit möglich machte. Tatsächlich fanden wir mit unseren „Sonderwünschen“ bei den genannten Personen immer ein offenes Ohr.
Aber auch sie konnten natürlich nicht verhindern, dass sich viele Arbeiten bis weit ins Schuljahr hinein verzögerten und bestimmte Bauteile oder Möbel nicht oder nur mit großer Verspätung geliefert werden konnten. Dies war schlichtweg den allgemeinen Umständen geschuldet, die jeder kennt, der auch im privaten Bereich Bauvorhaben realisieren möchte.
Natürlich gab es also auch ein paar Klippen zu umschiffen und Hindernisse zu überwinden, um eine bzw. zwei Klassen von der nach einigen Renovierungsabschnitten bestens ausgestatteten Otfried-Preußler-Schule an die Liliensternschule „umzusiedeln“. Im Zuge dessen wurde uns mal wieder klar, an welche Verhältnisse wir uns mittlerweile in Dillenburg gewöhnt hatten.
So starteten wir mit vorsichtig optimistischer Grundstimmung ins Abenteuer Donsbach, ohne uns z.B. davon beeindrucken zu lassen, dass wir erst am vorletzten bzw. letzten Ferientag aus einem großen Haufen Möbel und in Kartons verpackten Unterrichtsmaterialien einen halbwegs startbereiten Klassenraum zaubern konnten.
Unsere Schüler nahmen die Veränderungen durch den Umzug auf sehr unterschiedliche Art auf. Während einige bereits nach wenigen Tagen das Spannende an diesem Prozess würdigen konnten und schnell die Vorzüge der neuen Umgebung schätzen lernten, waren andere traurig, eine Schülerin sogar über Monate hinweg wütend, aggressiv und verärgert angesichts der neuen Situation (was allerdings vermutlich nicht nur auf den Umzug zurückzuführen war). Während manche Schüler die Nähe zum Tierpark und mehreren Spielplätzen mochten, vermissten andere die Dillenburger Schule mit ihren Extras wie Schwimmbad, Bewegungsraum, Snoezelraum, Bällebad sowie den Kontakt zu den Kindern aus ihrer alten Nachbarklasse.
Aber dafür gab es ja neue Kontaktmöglichkeiten. Wenn nicht gerade in der Partnerklasse oder bei uns aktive Corona-Fälle auftraten und wir somit unter uns bleiben mussten, verbrachten wir seit den Herbstferien 2021 mindestens eine Pause am Tag gemeinsam mit der neuen Grundschulklasse 1. Da für unsere quirligen Kinder zunächst ein abgegrenztes Pausengelände notwendig war, blieb uns der untere Hof, dessen Attraktivität aus genügend Platz zum Einsatz einiger Fahrzeuge (Kettcars, Roller etc.) bestand. Gegenseitiges Arrangieren mit den Bedürfnissen und Wünschen der jeweils anderen Kinder, Vereinbarungen treffen rund um die begehrten Kettcars etc., gegenseitiges Kennenlernen und Aushalten der Macken und Eigenheiten der Anderen stand von nun an täglich auf dem Stundenplan und stellte sich für alle Beteiligten recht schnell als Gewinn heraus.
Nach knapp einem Jahr, nachdem wir nun sicher sein können, dass bei unseren Kindern praktisch keine Weglaufgefahr mehr besteht, haben wir mittlerweile die Freiheit, auch mal das obere, offene Pausengelände mit großem Klettergerüst etc. nutzen zu können, was die positiven Effekte der gemeinsamen Pausen noch verstärkt.
Kooperativer Unterricht findet außerdem, ebenfalls seit Herbst ’21, im Fach Sport statt. Markus Dreiucker, der bereits seit mehreren Jahren Sportunterricht in Donsbach erteilte, baute spezielle Bewegungsstationen auf, die die Schüler nach eigenen Vorlieben und auf jeweils eigene Weise absolvieren konnten. Hierbei vollzogen unsere Kinder innerhalb kurzer Zeit erstaunliche Lernschritte. Einige Kinder lernten nach einigen Wochen beispielsweise das Anstehen in einer Reihe vor einer gewünschten Station kennen und aushalten – andere (nicht nur Schüler der OPS!) benötigten dafür etwas länger…
Unsere Kinder orientierten sich jedenfalls mindestens teilweise an selbstverständlichen Verhaltensweisen der Grundschüler und schauten sich auch in der Ausführung der Stationen einiges bei ihnen ab. Gleichzeitig merkten die Grundschüler, dass auch unsere Kinder in puncto Bewegung einiges draufhatten!
Für eine Stunde pro Woche trafen wir uns zudem zum Singen von Bewegungsliedern – eine regelmäßig wilde Zeit mit viel Bewegung und Rhythmus, die allen viel Freude machte und durch gemeinsames Singen, Tanzen und Bewegen die Bindungen untereinander förderte und verstärkte.
Einmal pro Woche waren und sind wir noch vormittags in Dillenburg aktiv. Ursprünglich zum Schwimmbadbesuch gedacht, wurde dieser Tag zu einer Gelegenheit, um die gelegentlich vermissten Dillenburger „Attraktionen“ nutzen zu können und manche Kontakte zumindest etwas aufrecht erhalten zu können. Nach einigen Schwierigkeiten, die dieser regelmäßige Ortswechsel in den ersten Monaten mit sich brachte, freuten sich unsere Kinder irgendwann auf den Vormittag in Dillenburg, fuhren aber mittags genauso freudig wieder zurück nach Donsbach.
Nun sind wir bereits mitten im zweiten Jahr in der „Außenstelle“. Vieles, was zu Beginn schwierig schien, ist selbstverständlich geworden. Auch für uns ist Donsbach zur schulischen Heimat geworden, wir haben liebenswerte Kinder und KollegInnen kennengelernt und sind gespannt, was die Zukunft uns dort noch so alles „vor die Füße legt“…